Werkzeuge - Handkarden

Handkarden aus Ahornholz. Doppelter Lederbesatz mit kleinen eisernen Nagelstiften, aufgenagelt
Detail des Ahornkorpus und -GriffesDetail der Lederfläche und der Drahtstifte
(Gesichert ab ca. 1320-1330)
Kardieren ist neben dem Kämmen einer der Methoden der Verfeinerung des gewaschenen Wollvlieses vor dem Verspinnen und Bestandteile der Arbeitsschritte der Wollverarbeitung bis hin zum fertigen Tuch bzw. Kleidungsstück. Durch das Kardieren werden die Fasern der Wolle gleichmässig in eine Richtung ausgerichtet, wodurch es der Spinnerin erleichtert wird, einen gleichmässig dicken Faden herzustellen. Anders als das Kämmen der Wolle mit einem Paar Wollkämme ,werden jedoch keine Haare aus dem Vlies entfernt, so dass die langen als auch die kurzen Haare (Markhaare) des Schafes mit in den Garn eingearbeitet werden, wodurch seine Feinheit begrenzt bleibt.

Die Handkarden werden eingesetzt, indem das Vlies gleichmässig mit jeweils entgegengesetzt übereinander geschobenen Karden flach gleichmässig ausgerichtet wird.


Das Kardieren mit Karden dieser Art lässt sich unserem derzeitigen Recherchestand gesichert ab ca. 1330 in England belegen, wobei die frühen Abbildungen fast aussschliesslich mit einem Spinnrad zu sehen sind. Eine These lautet, dass das sich ab ca. 1260 verbreitende Spinnrad eine stärkere Vorbereitung des Vlieses benötigte, dem steht jedoch entgegen, dass frühe Spinnräder mit keiner höheren Geschwindigkeit als die Handspindel arbeiteten- es war nur einfacher, einen gleichmässigen Faden herzustellen.
Erst mit der Erfindung der Flügelspindel im 15ten Jahrhundert vervierfachte sich die Geschwindigkeit in etwa.
Eine Verwendung der Methode des Kardierens vor 1330 ist nicht belegbar, ist unseres Erachtens jedoch wahrscheinlich, da es das Spinnen doch erheblich vereinfacht, und industrielle Herstellung von Garn begünstigt.

Für Hinweise zu Belegen, insbesondere Bildquellen von Hardkarden oder dem Kardieren an sich vor 1320 sind wir sehr dankbar!
 

Vorlage

Diese Karden wurden auf zahlreichen Abbildungen ab dem frühen 14ten Jahrhundert, im Vergleich mit erhaltenen neuzeitlichen Exemplaren gefertigt.
Der Griff besteht aus Ahornholz, auf das ein mit eisernen Nageldrahtstiften versehener Besatz aus Rindsleder aufgenagelt wurde.
Diese Konstruktionsweise ist bis heute nahezu unverändert.
Smithfield Decretals, England, Frankreich ca. 1340, Folio137
(In unserem Besitz seit 07/2006 / Stand 07.05.2010)
 

Quellangaben

Luttrell PsalterDer Luttrell-Psalter, ein ca. 1330-45 in England entstandendes Psalmbuch, ist mit eine der wichtigsten, wenn auch sicher englischen Quellen für Kleidung und Werkzeuge der arbeitenden Bevölkerung im frühen 14ten Jahrhundert.
Darstellung ca. Mitte 15tes Jahrhundert mit Schritten der Tuchherstellung Darstellung ca. Mitte 15tes Jahrhundert mit Schritten der TuchherstellungNicht näher bekannte Darstellung gegen Mitte des 15ten Jahrhunderts mit den Schritten der Tuchherstellung: Auskämmen der kurzen Fasern, Kardieren des Vlieses, Spinnen der Wolle zum Garn, Weben des Tuches. Die Personen, die die einzelnen Tätigkeiten durchführen, sind entsprechend des Stellenwertes ihrer Arbeit gekleidet: die kardierende Frau in der einfachen Kleidung einer Magd, die webende in der einer Hochadeligen.
Smithfield Decretals, England, Frankreich ca. 1340, Folio 137 Smithfield Decretals, England, Frankreich ca. 1340, Folio 137Smithfield Decretals, oder Royal 10 E. IV, Folio 137, England oder Frankreich ca. 1340, zeigt Frauen bei der Textilverarbeitung Bilder (c) British Library
De Claris mulieribus, Frankreich, frühes 15tes Jahrhundert De Claris mulieribus, Frankreich, frühes 15tes JahrhundertDe Claris mulieribus oder Royal 20 C. V 75 french Folio 75, frühes 15tes Jahrhundert, Frankreich, Frauen bei der Textilverarbeitung Bilder (c) British Library. Ob es sich hier teils um Flachdsverarbeitung (die Dame rechts unten ist evtl. beim Flachshecheln) oder Wolle handelt (die Dame daneben benutzt Karden) ist nicht eindeutig klärbar.
 

Empfohlene Literatur


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. Medieval Rural Life in the Luttrell Psalter .
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Medieval Rural Life in the Luttrell Psalter
Janet Backhouse, University of Toronto Press
Der Luttrell-Psalter, ein ca. 1325-45 entstandenes Psalmbuch des Geoffrey Luttrell, weisst eine für den betreffenden Zeitraum ungeheuer reiche Sammlung an Bildern des ländlichen Lebens und der arbeitenden Bevölkerung auf. In diesem Buch analysiert Janet Backhouse Werkzeuge und Methoden des betreffenden Zeitraumes anhand der farbigen Auszüge aus dem Psalmbuch.
0802083994 (German).
 

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. Lebensalltag im Mittelalter .
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Lebensalltag im Mittelalter
Verschiedene/ Das Beste- Reader's Digest, Das Beste
Hervorragendes Buch, dass einen leicht verständlichen, gut illustrierten und unterhaltsamen Einstieg in die Materie liefert. Zahlreiche zeitgenössische Abbildungen und kurze Annekdoten werten die Kapitel auf. Trotz einiger Fehler sehr zu empfehlen.
3870705248 (German)
 

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