Schmuck und Accessoires - Pilgertasche

Pilgertasche aus rotem Leinen mit weisser Zierstickerei und Seidenzaddeln
Detail der BestickungenPlatzhalter
(13. -14 Jhd.)
Die Pilgerfahrten nahmen in der mittelalterlichen Gedankens-und Glaubensweg einen wichtigen Platz ein.
Abertausende pilgerten jedes Jahr durch ganz Europa, und legten dabei teilweise erstaunliche Wegstrecken zurück. Gepilgert wurde aus verschiedenen Gründen- aus Dank, aus Buße, auch als weltliche Strafe, sogar Berufsmäßige Pilger gab es, die für andere pilgerten.
Zentraler Kern des Pilgerns war die bußfertige Reise mit nahezu keinem Gepäck, einfachster Kleidung und Ausrüstung, eine Reise voller Gefahren, denn trotz vielfältiger Regelungen, die Pilger unter Schutz stellten, waren sie vor Überfällen nicht sicher, weswegen eines der Hauptattribute des Pilgers, der Stab, mit seiner Verdickung an der Spitze, durchaus im Notfall als Knüppel benutzt werden konnte, um sich unliebsamer Personen zu erwehren.
Dies änderte sich auch nach dem ersten Laterankonzil 1423, dass Pilger unter kirchlichen Schutz mit Strafe der Exkommunikation im Zuwiderhandlungsfalle stellte, nicht wesentlich.

Zitat zu der Ausrüstung von Pilgern aus der Predigt "veneranda dies" aus dem "Liber Sancti Jacobi" (um 1150):

...Durch die Pilgertasche, welche die Italer scarsella, die Provenzalen sporta, die Gallier isquirpa nennen, wird also die Freigiebigkeit in Almosen und die Abtötung des Fleisches versinnbildlicht. Sie ist ein enger Beutel, aus der Haut eines toten Tieres gefertigt, oben immer offen und nicht durch Bänder zusammengehalten. Die Enge der Pilgertasche bedeutet, dass der auf den Herrn vertrauende Pilger nur einen kleinen und bescheidenen Vorrat mit sich führen soll...

Trotz des Gebots zur Einfachheit zeigen sich mittelalterliche Pilgertaschen in der Ikonographie durchaus unterschiedlich, und auch mit Verzierungen wie Quasten, einfachen Zierapplikationen und Stickereien. Während hoch-und frühspätmittelalterliche Darstellungen vor allem rechteckige oder trapezoide, textile Taschen zeigen, erscheinen viele spätmittelalterliche Taschen eher halbrund, wie sie jedoch auch schon früher zu beobachten sind, und aus Leder. Funde liegen uns ab dem 14ten Jahrhundert vor.
 

Vorlage

Der vorliegende Rekonstruktionsversuch einer (Pilger-) Tasche wurde nach Miniaturen der Kreuzfahrerbibel und verschiedenen zeitgenössischen Abbildungen angefertigt.
Er besteht aus rotem Leinen, und ist mit weissen Seidenquasten und einer Zierstickerei aus weisser Seide verziert.
Die Tasche ist mit weisser Seide gefüttert.

Herstellung: Myriam Gateault
Detail der Morganbibel (Frankreich, 1250-60)
(In unserem Besitz seit 08/2004 / Stand 26.11.2009)
 

Quellangaben

KreuzfahrerbibelDie Kreuzfahrer, oder Maciejowski-Bibel, datiert auf ca. 1244-1254, wurde vermutlich von Ludwig "dem Heiligen" IX. von Frankreich (1214-1270) in Auftrag gegeben und im Pariser Raum angefertigt. Sie stellt ein wichtiges Zeugnis der bildlichen Darstellung von Mode und Sachkultur in Frankreich Mitte des 13ten Jahrhunderts dar.
Tod des heiligen KolomanCod. 151 ; fol. 219v, Stiftsbibliothek , Niederösterreich, um 1350. Mann mit Pilgertasche an Baum hängend.
Elisabethschrein in MarburgElisabethschrein der Elisabethkirche in Marburg. Landgraf Ludwig verabschiedet sich von seiner Gattin, auf Kreuzzug gehend. Pilgertasche(?) mit Kreuzapplikation(?). Um 1250
Taufbecken des Hildesheimer DomsDarstellung von Pilgern auf dem Taufbecken desd Hildesheimer Doms. Trapezoide und halbrunde Umhängetaschenformen. Um 1240.
Ledertaschenfund Stein am RheinFund einer Lederumhängetasche, Stein am Rhein, 14tes Jahrhundert

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