Kleidung - Damencotehardie

Cotehardie aus brauner Kammgarnwolle mit Siberknöpfen
(ca. 1345-1400)
Während die weibliche Mode der Hochgotik weite, faltenreiche, verhüllende Schnitte bevorzugte, änderte sich, vermutlich ausgehend von Frankreich, im Verlaufe des 13ten Jahrhunderts bis Mitte des 14ten Jahrhunderts der Modestil völlig.
Die rechteckigen Schnitte mit dreieckigen, eingesetzten Keilen wichen teils komplizierten Schnitten mit einer Vielzahl den Körper angepassten Keilen, um das Ideal zu erreichen: bis zur Hüfte eng geschnittene, darunter reich in Falten fallende Kleider, und eng anliegende Ärmel bis zur Schulter.
Während die Knöpfung im frontalen Bereich in Deutschland sowohl in der Männer-als auch besonders der Frauenmode noch etwas auf sich warten liess, begann man schliesslich, Kleidungsstücke vom Halsauschnitt bis zum Saum durchzuknöpfen, und darüber hinaus die bereits gängige Knöpfung bis zum Ellenbogen bis zur Schulter auszuweiten.
Das nunmehr entstandene Kleidungsstück erhielt in Frankreich als Abwandlung der älteren "Cotte" (Kittel, Kleidungsstück, Kleid) den Namen "Cote hardie", was in etwa mit "gewagter Cotte" übersetzbar ist (anderes Model: Gestreifte Cotehardie; aufwändigere Variante: Cotehardie aus Seidensamt )
 

Vorlage

Dieses Kleid folgt der Mode, wie sie in französischen Handschriften um die Jahrhundertmitte zu beobachten ist: enger, taillierter Schnitt, mit engen Ärmeln bis zu Schulter, am Unterarm, sowie frontal am Torso geknöpft.
Es ist aus mit Krapp und Wallnuss rotbraun gefärbter Wolle aus Kammgarn gefertigt, und mit Seidengarn vernäht. Die Knopfleisten sind mit feinem, weissen Leinen gegengefüttert. Verschlossen wird es mit Kufelknöpfen aus Silber, die nach Vorlagen aus London gefertigt sind.
Kleider ähnlicher Mode finden sich u.a. in den Funden aus Herjolfness, Grönland, wo sie jedoch in sehr vereinfachter Form gefertigt wurden, um die Mode auf dem Kontinent zu immitieren.
Das Kleid stellt in der vorliegenden Form eine Variante einer finanziell gut gestellten Person dar, was durch die Accessoires ( Tippets , Gürtel mit vergoldeten Beschlägen , Bestickter Almosenbeutel , Paternoster mit Bergkristall ) noch unterstrichen wird.
Vorlagen aus verschiedenen französischen Handschriften um die Mitte des 14ten Jahrhunderts
(In unserem Besitz seit 12/2005 / Stand 09.06.2010)
 

Quellangaben

Funde von HerjolfsnesIn dem Fundkomplex bei Herjolfsnes, Grönland, wurden zahlreiche Textilien des Zeitraumes 1300-ca.1420 gefunden, womit es eine der bedeutensten Fundquellen für spätmittelalterliche Textilien darstellt.
LondonfundeTextil-, Metall-, Buntmetall-, Holz-, Leder und Schuhfunde aus dem Hafenbecken von London
AlexanderromanDer Alexanderroman, vermutlich ca. 1338-44 in Flandern (aus der Hand des flämischen Illustrators Jehan de Grise und seiner Werkstatt) entstanden, enthält Verse in französischem (picardischen) Dialekt und (ab 1400) Englisch über "Romance of the Good King Alexande" (über Alexander den Grossen), sowie illustrierte Berichte über die Reisen Marco Polos. Es stellt eine hervorragende Quelle für französische Mode um die Mitte- genauer der ersten Hälfte der 40ger Jahre- des 14ten Jahrhunderts dar.
BNF Fr 12, Lancelot du LacBNF Fr 12, Lancelot du Lac, Frankreich, 1350-60
 

Empfohlene Literatur


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. Woven into the Earth: Textiles from Norse Greenland .
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Woven into the Earth: Textiles from Norse Greenland
Else Ostergard, Aarhus Universitetsforlag
Die Neuanalyse der Textilfunde im grönländischen Herjolfnes birgt an sich wenig spektakuläre Neuerungen gegenüber den ursprünglichen von Nordlund, durch die sehr plastischen Fotos der Originalstücke, der beigefügten Schnitte mit Maßen, den Kapitel über Textilverarbeitung in Grönland aber gewinnt das Buch einen ausserordentlichen Reiz für jeden Darsteller mit Interesse an Textilfunden.
8772889357 (German).
 

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. Dress Accessories, c.1150-c.1450 .
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Dress Accessories, c.1150-c.1450
Geoff Egan, Frances Pritchard, Boydell Press
Aus der Reihe "Medieval Finds from Excavations in London" bietet dieses Buch einen faszinierenden Überblick über die Funde mittelalterlicher Gürtel, Schnallen, Nadeln und anderer Accessoirs aus dem Hafen von London.
0851158390 (German).
 

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. Textiles and Clothing , C.1150-C.1450 .
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Textiles and Clothing , C.1150-C.1450
Elisabeth Crowfoot, The Boydell Press
Das Buch zu den Textilfunden aus dem Hafenbecken von London aus der Reihe der Londonfunde bietet neben der Analyse der Textilien interessante Details zur Textilindustrie speziell des 14ten Jahrhunderts in England, und stellt auf Grund der detaillierten Auswertungen der Verarbeitungstechniken, Materialien und Färbungen eine Pflichtlektüre für hoch-und spätmittelalterliche Textilrekonstruktion dar.
1843832399 (German).
 

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